Die durch die Filterung berechnete Welligkeit ist rechts dargestellt.
Die gefilterte Fläche wird aus der Differenz der ungefilterten Fläche
und der Welligkeit berechnet. Das Ergebnis zeigt, daß der Rand des
Kraters der gefilterten Fläche höher liegt als bei der ungefilterten
Fläche. An der gefilterten Oberfläche wird ein zu hohes Leervolumen
berechnet, da das Werkzeug nicht wie bei der ungefilterten Fläche
auf dem gesamten Plateau aufliegt, sondern auf dem höchsten Punkt
des aufgeworfenen Kraterrandes.
Bild 38 zeigt oben einen Schnitt durch eine Modell-Topografie, die
aus einer feinen Rauheit, 2 Kratern und einer überlagerten Welligkeit
besteht.
Bild 38: Mit unterschiedlichen Filtern berechnete Welligkeitsprofile
an einer Modelloberfläche
Etwa in der Mitte ist eine kleine etwas höhere Spitze enthalten.
Solche Spitzen können entweder durch Ausreißer in der Messung
entstehen oder tatsächlich auf dem Blech vorhanden sein.
Wird diese Topografie durch tribologischen Kontakt belastet, dann glätten
die Welligkeit und die Spitzen ein.
Damit der Filter die Einglättung der Topografie richtig abbilden
kann, sollte die berechnete Welligkeit möglichst genau der im unteren
Bild eingezeichneten sinusförmigen Welligkeit entsprechen (dickere
Linie). Das gefilterte Profil wird berechnet, indem man die Welligkeit
vom ungefilterten Profil subtrahiert. Das führt dazu, daß die
Punkte der ungefilterten Topografie, durch die die Welligkeit verläuft,
im gefilterten Profil auf der Höhe 0 liegen.
Soll die Einglättung der Spitzen berücksichtigt werden, dann
lassen sich zusätzlich alle Werte >0 auf =0 setzen (belastete/eingeglättete
Topografie in Bild 38). Da auch die Spitzen wichtige Informationen enthalten,
werden sie im allgemeinen nicht abgeschnitten, sondern je nach zu berechnender
Kenngröße entweder alle Daten oder nur die Daten <0 ausgewertet.
Die drei mit M-Filtern berechneten Welligkeiten geben den Verlauf der
durch den tribologischen Kontakt eingeebneten Welligkeit nur schlecht wieder.
Filter nach dem E-System wie der Kugelfilter berechnen eine einhüllende
Kurve, die die Topografie in den höchsten Punkten berührt. Beim
Kugelfilter wird ein Kreis rechnerisch so über den Tastschnitt gerollt,
daß er ihn ständig in mindestens einem Punkt berührt. Der
tiefste Punkt des Kreises beschreibt dabei eine Bahn, die als Welligkeit
des Profils interpretiert wird. Ohne die einzelne Spitze der in Bild 38
dargestellten Topografie würde der Kugelfilter die Welligkeit deutlich
besser abbilden können als die Filter des Mittellinien-Systems. Spitzen
führen aber dazu, daß die Welligkeit stark verzerrt wird, da
die Kugel über die Spitzen hinwegrollen muß. Bild 39 veranschaulicht
diesen Effekt am Beispiel einer Fläche.
Bild 39: Verzerrung einer Modelloberfläche mit Spitze bei
Kugelfilterung
Links ist eine ebene Fläche mit einer einzelnen Spitze in der Mitte
dargestellt. Die mittlere Abbildung zeigt die vom Kugelfilter berechnete
Welligkeit. Durch Subtraktion der Welligkeit von der Ausgangsfläche
resultiert die rechts dargestellte Fläche. Infolge der Filterung entsteht
damit ein Krater in der Oberfläche, der in der ursprünglichen
Fläche nicht vorhanden ist.
Filter nach dem M(ittellinien)-System simulieren eine zu starke und
Filter nach dem E(inhüllenden)-System keine Einglättung der Spitzen.
Beide Filtermethoden führen zu Verzerrungen der Meßdaten. Stünde
ausreichende Rechenleistung zur Verfügung, dann wäre es eine
Lösung, die Einglättung jeder gemessenen Topografie mit der Methode
der Finiten Elemente zu simulieren. Bei den hohen Meßpunktezahlen
liegen die Rechenzeiten dafür zur Zeit noch im Bereich von Tagen.
Um die Einglättung der Spitzen trotzdem berücksichtigen zu
können, wurde im Rahmen dieser Arbeit der modifizierte Kugelfilter
entwickelt. Er beruht auf dem von Weingräber [169] beschriebenen und
aus der 2D-Meßtechnik bekannten Kugelfilter.
Bild 40: Prinzip des modifizierten Kugelfilters mit eindringenden Punkten
Die Modifikation des Kugelfilters besteht darin, daß bei einer
3D-Messung eine feste Anzahl von Punkten in die Kugel eindringen kann.
Die Punkte der Fläche, die während des Überrollens in die
Kugel eingedrungen sind, werden als durch den tribologischen Kontakt eingeebnete
Spitzen interpretiert.
Durch die beiden Parameter des Filters (Radius der Kugel und Anzahl
der eindringenden Punkte) wird festgelegt, wie stark die Kugel in die Topografie
einsinkt und wie groß die berechnete Einglättung der Topografie
ist. Der Materialflächenanteil der durch den Kugelfilter eingeglätteten
Spitzen stellt eine weitere Oberflächenkenngröße dar, die
zur Beschreibung der Topografie genutzt werden kann. In Anlehnung an den
Materialanteil der Spitzen Mr1 wird diese Kenngröße im folgenden
mit Srk bezeichnet und hinsichtlich ihrer Eignung zur Beschreibung der
Topografie untersucht.
Der Algorithmus des Kugelfilters und seine Programmierung sind im Anhang
erläutert.
Die feste Anzahl von Punkten entspricht einer konstanten Beanspruchung
des Bleches durch Kontaktnormalspannung. Bei Annahme einer konstanten Fließspannung
kf des Blechwerkstoffs wird die Kugel mit einer Normalkraft
in die Topografie gedrückt, wobei n die Anzahl der eindringenden
Punkte und dx bzw. dy die Abstände der Meßpunkte in beiden Koordinatenrichtungen
bezeichnen.
Der Radius der Kugel legt die Grenzwellenlänge der Filterung fest.
Ein großer Radius führt dazu, daß nur langwellige Anteile
in der Welligkeit enthalten sind, bei kleineren Radien werden auch kürzere
Wellenlängen zur Welligkeit gerechnet.
Bei geeigneten Filterparametern kann der modifizierte Kugelfilter die
Welligkeit der Topografie in Bild 38 deutlich besser abbilden als die übrigen
Filter. Bei Untersuchungen des Autors zur Beurteilung der zum Ziehen erforderlichen
Schmierstoffmenge hat dieses Filter zu den besten Ergebnissen geführt
[77] und Korrelationen zwischen Oberflächenkenngrößen und
dem tribologischen Verhalten konnten von Jonasson nur bei Verwendung dieses
vom Autor entwickelten Filters aufgezeigt werden [196].
Zur Bestimmung der beiden Filterparameter des Kugelfilters wurden bisher
nur einzelne Voruntersuchungen durchgeführt. In dieser Arbeit werden
die Filterparameter systematisch variiert, um die für die Beurteilung
von Topografien optimalen Filterparameter zu bestimmen (Tabelle 34 im Anhang,
Zeile 6). Der Radius von 5 mm hat sich bisher als geeignet erwiesen. Bei
zu niedrigen Radien taucht die Kugel in Krater ein, was dazu führt,
daß die Krater zur Welligkeit gerechnet werden. Da die Kraterdurchmesser
etwa 0,2 bis 0,3 mm betragen, wird ein minimaler Kugelradius von 1 mm gewählt,
damit die Kugel in keinem Fall vollständig in die Krater eintauchen
kann.
Die maximale Punktezahl von 250 x 250 erfordert eine Rechenzeit für
die Kugelfilterung auf einem PC mit Pentium Pro 200 Prozessor je nach Kugelradius
und Anzahl der eindringenden Punkte von einigen Minuten bis zu mehreren
Stunden. Da die Rechenzeit mit der dritten Potenz der Punktezahl zunimmt,
führen geringere Punktezahlen zu deutlich niedrigeren Rechenzeiten.
Bei voller Punktezahl werden sowohl die Rauheit als auch die Welligkeit
mit jeweils 250 x 250 Punkten abgebildet. In der Welligkeit sind keine
kurzwelligen Anteile mehr enthalten, so daß zu ihrer Beschreibung
nicht die volle Punktezahl benötigt wird. Um zu untersuchen, wie weit
die Punktezahl zur Beschreibung der Welligkeit reduzierbar ist, wird die
Filterung mit den Punktezahlen von 200 x 200, 150 x 150 und 100 x 100 Punkten
durchgeführt (Tabelle 34 im Anhang, Zeile 7). Durch die Subtraktion
der Welligkeit von der ursprünglichen Fläche mit voller Punktezahl
behält die gefilterte Fläche die volle Punktezahl und den vollen
Informationsgehalt der Rauheit.
Bei der Filterung mit reduzierter Punktezahl werden 100 eindringende
Punkte verwendet. Damit steigt wird bei gleicher Anzahl eindringender Punkte
deren Anteil und es eine stärkere Einebnung der Oberfläche simuliert.
Die MOTIF-Methode ist in erster Linie zur Berechnung von 2D-Oberflächenkenngrößen
entwickelt worden, beinhaltet aber auch eine Filterung, die auf 3D-Meßdaten
übertragen werden kann [197]. Sie erfordert allerdings komplexe Regeln
zur Ermittlung und Kombination der 3D-Motifs, die sich zur Zeit noch in
der Entwicklung befinden. Zusätzlich sind Methoden zur Unterdrückung
einzelner Spitzen notwendig [DIN ISO 12085]. Diese Methoden der Spitzenunterdrückung
sind nicht wie beim modifizierten Kugelfilter für die Abbildung der
Einglättung, sondern zur Unterdrückung von Ausreißern in
der Messung entwickelt worden. Die MOTIF-Methode läßt deshalb
keine Vorteile gegenüber dem modifizierten Kugelfilter erwarten und
wird hier nicht ausgewählt.
Spline und Fourier-Filter werden nicht berücksichtigt, da sie
nach dem M-System arbeiten und dadurch hoch und tiefliegende Spitzen gleich
gewichten. Unterschiedlich tiefe Krater wirken sich wie bei Gauß-
und Rechteckfilter auf die berechnete Welligkeit aus und können die
tribologische Kontaktfläche verzerren (Bild 37).
Insgesamt stehen mit dieser Auswahl von jeder Messung 104 unterschiedlich
gefilterte Flächen zur Verfügung (Tabelle 34), an denen die in
Kapitel 7.1 (Tabelle 18) beschriebenen 78 Oberflächenkenngrößen
berechnet werden.