6.3 Auswahl der Beanspruchungsbedingungen
In den Modellversuchen sollen Gleitreibungszahl, maximale Kontaktnormalspannung
und Stick-Slip-Beginn erfaßt werden. Um die tribologischen Mechanismen
im Modellversuch korrekt abzubilden, sind dem Realprozeß entsprechende
Beanspruchungsbedingungen einzustellen.
Kontaktnormalspannung
Zur Bestimmung der maximalen Kontaktnormalspannung wird die Niederhalterkraft
in den Streifenziehversuchen schrittweise bis zum Versagen des Bleches
erhöht. Je kleiner die Schritte sind, desto genauer ist die maximale
Kontaktnormalspannung bestimmbar. Versuche auf der verwendeten Anlage zeigen
eine Wiederholgenauigkeit der maximalen Kontaktnormalspannung von ca. 1
N/mm². Bei der Durchführung der Versuche wird die Kontaktnormalspannung
deshalb in Schritten von 1 N/mm² erhöht. Mit jeder Kontaktnormalspannung
werden 3 Versuche durchgeführt. Erst wenn das Blech in allen drei
Versuchen haftet, gilt die maximale Kontaktnormalspannung als erreicht.
Gleitgeschwindigkeit
Um die Wirkung hydrodynamischer Effekte beurteilen zu können,
wird die Gleitgeschwindigkeit variiert. Je schneller man das Blech zwischen
den Werkzeugen hindurchzieht, desto stärker können hydrodynamische
Effekte auf die Gleitreibung wirken. Auch auf die Haftreibung wirkt sich
die Geschwindigkeit aus. Je schneller das Blech angezogen wird, desto schneller
glätten die Spitzen der Topografie ein, und desto höher werden
die Drücke infolge der Quetschströmung. Die gewählten Gleitgeschwindigkeiten
betragen 25, 50, 100, 200 und 400 mm/s. Die Geschwindigkeit von 100 mm/s
gilt als ein typischer Wert für Tiefziehteile. Mit 25 und 400 mm/s
wurden extreme Werte eingestellt, um die hydrodynamischen Effekte deutlich
aufzeigen zu können.
Temperatur von Werkzeug und Blech
Da sich die Werkzeuge im Realprozeß aufgrund der hohen Hubzahlen
auf etwa 40 bis 60 °C erwärmen, werden die Werkzeuge der Reibversuchsanlage
beheizt. Hierzu dient ein Aggregat, das ein temperiertes Öl durch
die Aufnahme der Werkzeuge fördert und deren Temperatur auf 40°C
hält. Die Isttemperatur mißt ein Sensor direkt im Werkzeug.
Das Blech wird mit Raumtemperatur zugeführt.
Beanspruchungsverlauf
Der Versuchsablauf ist automatisiert. Nach Betätigen der Starttaste
senkt sich das Oberwerkzeug ab und bringt die eingestellte Kontaktnormalspannung
auf das Blech auf. Nach einer Verweilzeit von 500 ms wird das Blech mit
der in der CNC-Steuerung eingestellten Geschwindigkeit zwischen den Werkzeugen
hindurchgezogen. Anschließend hebt das Oberwerkzeug wieder ab, um
für den nächsten Versuch frisch beöltes Blech einziehen
zu können.