1 Einleitung
Die Blechumformung gehört in der durch den Automobilbau geprägten
deutschen Industrie zu den bedeutendsten Fertigungsverfahren. Neue Werkstoffe
und komplexere Bauteile machen im Spannungsfeld zwischen Kosten, Bauteilqualität,
Prozeßsicherheit, Verfahrensgrenzen, Ausbringung und Umweltverträglichkeit
intensive Forschungsarbeiten erforderlich, um neue Fertigungsverfahren
zu entwickeln und bestehende zu optimieren [1-6].
Beim Karosserieumformen hat sich neben den plastomechanischen Werkstoffeigenschaften
die Tribologie als eine wesentliche Einflußgröße erwiesen
[7]. Während der Umformung muß niedrige Reibung zwischen Blech
und Werkzeug sicherstellen, daß hohe Umformgrade ohne Reißen
des Bleches erreicht werden. Je nach Bauteilgeometrie kann es erforderlich
sein, die Reibung in einzelnen Bereichen des Werkzeugs gezielt zu erhöhen,
um den Materialfluß und die Blechdicke zu steuern. Das tribologische
System (Blech, Werkzeug, Schmierstoff und Umgebungsmedium) legt fest, in
welchen Grenzen der Ziehprozeß beeinflußt werden kann und wie
störend sich Schwankungen in den Prozeßbedingungen auswirken.
Neue Entwicklungen von Werkzeugbeschichtungen und Schmierstoffen haben
bereits zu deutlichen Fortschritten geführt [8]. Für Bleche wurden
Verfahren entwickelt, um Oberflächenstrukturen mit Mikroschmiertaschen
zu erzeugen, die den Schmierstoff während der Umformung in der Oberfläche
halten und bei hoher Beanspruchung als Schmierstoffreservoir dienen.
Als schwierig erweist sich die Optimierung der mit diesen Verfahren
herstellbaren Topografien, da zur Zeit nicht bekannt ist, welche geometrischen
Eigenschaften eine aus tribologischer Sicht optimierte Topografie aufweisen
sollte (Bild 1).
Bild 1: Forschungsthemen auf dem Gebiet der Topografie von Umformblechen
Voraussetzung zur Weiterentwicklung der Topografien sind Methoden zur
Beurteilung der tribologischen Eigenschaften.
Die Untersuchung der Topografie im Realprozeß bietet übertragbare
Ergebnisse, ist aber zum einen sehr aufwendig und zum anderen durch die
geringe meßtechnische Zugänglichkeit eingeschränkt. Im
Gegensatz dazu lassen sich Rauheitsmessungen mit geringem Aufwand durchführen,
es liegen aber nur wenige Erkenntnisse darüber vor, wie das tribologische
Verhalten anhand von Rauheitskenngrößen beurteilt werden kann.
Tribologische Modellversuche liegen bezüglich Übertragbarkeit
und Aufwand zwischen Realteilversuchen und der Oberflächenvermessung
und bieten die Möglichkeit, die tribologischen Mechanismen unter verschiedenen
Beanspruchungsbedingungen zu untersuchen. Widersprüchliche Ergebnisse
verschiedener Anlagen haben jedoch gezeigt, daß die Übertragbarkeit
auf den Realprozeß nicht immer gegeben ist.
Wenn es gelingt, durch den parallelen Einsatz mehrerer Methoden und
den Vergleich der Ergebnisse ein verbessertes Verständnis über
die Wirkungsweise der Topografie zu erlangen, dann können daraus sowohl
geeignetere tribologische Prüfmethoden als auch geeignetere Oberflächen-Meßmethoden
abgeleitet werden. Diese Methoden bieten dann eine Basis zur Entwicklung,
Auswahl und Optimierung sowie zur eindeutigen Beschreibung der Topografie
von Blechen.