5.3 Anforderungen an die Topografie
Um die hohen hydrostatischen Drücke in abgeschlossenen Schmiertaschen
zu nutzen, muß die Topografie geschlossen und leer sein. Die Abgeschlossenheit
ist erforderlich, damit die Schmiertaschen bereits bei geringer Einglättung
abgeschlossen werden und die Topografie muß leer sein, um große
Schmiertaschen zu erreichen. Für hydrodynamisch wirkende Mikro-Flanken
und Mikro-Stufen sind große Kuppen mit niedrigen Flankenwinkeln günstig.
Je größer und flacher die Kuppen sind, desto mehr Fläche
steht zur Verfügung, auf der dünne Schmierfilme hohe hydrodynamische
Drücke bewirken können. Für große flache Kuppen werden
volle Topografien benötigt.
Leere Topografien begünstigen dagegen Makro-Quetschströmungen,
da sie nach dem Aufsetzen des Niederhalters leichter einglätten als
volle Topografien, wodurch mehr Schmierstoff verdrängt werden muß.
Günstig wirkt sich zusätzlich aus, wenn die Topografie geschlossen
ist, der Schmierstoff nicht durch tiefliegende Kanäle entweichen kann
und wenn die Topografie fein ist, so daß viele kleine Spitzen das
Entweichen des Schmierstoffs bremsen.
Für die Makro-Effekte sind Topografien mit hoher Dichtwirkung
günstig. Geschlossene und feine Topografien verhindern, daß
der Schmierstoff zu schnell seitlich entweichen kann, ohne hydrostatisch
oder hydrodynamisch Druck aufzubauen.
Bei mehreren Mechanismen führen geschlossene und feine Topografien
zu niedriger Reibung. In keinem Fall verbessern offene oder grobe Strukturen
das tribologische Verhalten. Die Topografien sollten deshalb fein und geschlossen
sein.
Die Anforderungen an die Leere der Topografie widersprechen sich. Zugunsten
hydrostatisch wirkender Schmiertaschen und makroskopischer Quetschströmungen
sind leere Topografien anzustreben, da diese einen großen Leerflächeanteil
aufweisen und leicht eingeglättet werden können. Für hydrodynamisch
wirkende Flanken, Stufen und Quetschströmungen sollte die Topografie
voll sein, um bereits bei geringer Einglättung hohe Flächenanteile
mit dünnen Schmierfilmen zu erreichen. Diese widersprüchlichen
Anforderungen können die Ursache dafür sein, daß in der
Literatur von einigen Autoren leicht einglättende Topografien [60,
89, 125, 130] und von anderen Topografien ohne Feinspitzenbereich [94,
186] als günstig beurteilt werden.
Einen Kompromiß könnte eine Topografie mit hohen und gleichzeitig
leicht einglättenden Spitzen bei einem flachen Kernbereich darstellen.
Der Materialanteil der Spitzen im oberen Bereich sollte so hoch sein, daß
die Topografie durch das Aufsetzen des Niederhalters kaum einglättet.
Im unteren Bereich (im Übergang zum Kernprofil) müssen die Spitzen
einen geringen Materialanteil haben, damit die Topografie bei zusätzlichen
Zugspannungen in Blechebene bis auf das Kernprofil einglättet. Ein
flaches Kernprofil wirkt sich reibungssenkend aus, da es durch flache Winkel
und Plateaus hydrodynamische Effekte unterstützen kann.
Eine aus tribologischer Sicht optimierte Topografie muß nach
diesen Überlegungen die folgenden Eigenschaften aufweisen:
Anforderungen an die Leere:
-
Hohe Spitzen, um Drücke durch Quetschströmungen nutzen zu können
-
Schmale Spitzen mit niedrigen Materialanteilen, um der Topografie das Einglätten
bis zum Kernprofil zu ermöglichen
-
Einen flachen Kernbereich, um flache Winkel und Stufen für hydrodynamische
Effekte zur Verfügung zu stellen
-
Im unteren Bereich der Topografie sollte ein größeres Leervolumen
vorhanden sein, aus dem auch bei stärkerer Einglättung eine "Schmierstoffreserve"
in die Kontaktzone gedrückt werden kann.
Anforderungen an die Abgeschlossenheit:
-
Hohe Anteile abgeschlossener Leerflächen, um große Flächenanteile
mit hydrostatisch wirkenden Schmiertaschen zu erreichen
-
Topografie hoch abgeschlossen, um bereits bei geringer Einglättung
hydrostatische Anteile nutzen zu können
-
Anforderungen an die Feinheit:
-
Feine Spitzen sind bei Quetschströmungen günstig, da sie das
Herausfließen des Schmierstoffs mit vielen schmalen Kanälen
stärker bremsen als grobe Topografien mit wenigen größeren
Kanälen.
-
In einer feinen Topografie mit vielen Tälern sind mehr Stufen vorhanden
als in einer groben Topografie mit wenigen Tälern. Die Oberfläche
sollte, um hydrodynamische Effekte an Stufen nutzen zu können, eine
hohe Anzahl von Tälern aufweisen.
Anforderungen an die Richtung:
-
Bei gerichteten Topografien können die tribologischen Eigenschaften
von der Ziehrichtung abhängen. Ungerichtete Strukturen sind vorzuziehen,
um in allen Gleitrichtungen gleiche tribologische Eigenschaften zu erreichen.
Anforderungen an die Gleichmäßigkeit:
-
Alle bisher zur Verfügung stehenden deterministischen (gleichmäßigen)
Blechstrukturen sind gerichtet. Wenn die Anforderungen an Abgeschlossenheit,
Leere und Feinheit von deterministischen und stochastischen Strukturen
in gleicher Weise erfüllt werden können, dann sollten stochastische
Strukturen vorgezogen werden, um in allen Raumrichtungen gleiche tribologische
Eigenschaften zu erreichen.
Aus Sicht der Blechherstellung sind zwei Anforderungen besonders schwierig
zu erfüllen.
-
Hohe Spitzen sind mit den bekannten Fertigungsverfahren im allgemeinen
nur bei gleichzeitig relativ hohen Materialanteilen der Spitzen zu realisieren.
-
Hohe Spitzen und gleichzeitig hohe Abgeschlossenheit sind nur dann möglich,
wenn die Spitzen nicht isoliert stehen, sondern durch hohe "Grate" miteinander
verbunden sind. Diese Grate lassen sich mit den zur Zeit zur Verfügung
stehenden Fertigungsverfahren nicht herstellen.