Schon Coulomb erklärt 1785 den Mechanismus der Reibung mit dem
Verhaken der Rauheitsspitzen der Kontaktpartner [128, 129]. In der Blechumformung
wurden Untersuchungen des Einflusses der Topografie 1960 von Fischer durchgeführt
[130]. Seine Ergebnisse zeigen, daß die Topografie die tribologischen
Bedingungen und das Ziehergebnis deutlich beeinflußt. Die Rauhtiefe
Rt und der arithmetische Mittenrauhwert Ra allein
sind nicht geeignet, diese Zusammenhänge allgemeingültig zu beschreiben.
Erst die Auswertung der Materialanteilkurve zeigt, daß Bleche mit
schlanken Spitzen zu besseren Ziehergebnissen führen. Fischer schreibt,
daß ein für die spanlose Formgebung geeignetes Blech schlanke
und gleichmäßig verteilte Spitzen aufweisen soll, die während
des tribologischen Kontakts gut umgeformt werden können, so daß
das Werkzeug verhältnismäßig tief in das Profil einsinkt.
Wiegand und Kloos beurteilen verschiedene Möglichkeiten, die Reibung
in Umformvorgängen mit Modellversuchen zu messen. Sie weisen darauf
hin, daß der zwischen den gleitenden Flächen eingeschlossene
Schmierstoff unter Grenzreibungsbedingungen einen hydrostatischen Druck
aufbauen kann und einen Teil der Normalkräfte trägt [108]. Als
Kenngröße zur Beurteilung der Topografie nutzen sie wie auch
Fischer den Traganteil bei einer festen Schnittiefe.
Fukui [131] untersucht die Einflüsse von Blech- und Werkzeugrauheit
auf das maximale Ziehverhältnis eines rotationssymmetrischen Napfes.
Sowohl für die Rauheit des Bleches als auch des Werkzeugs stellt er
fest, daß mit niedrigerer Rauheit höhere Ziehverhältnisse
erreicht werden, bei höherviskosen Schmierstoffen kann jedoch auch
eine Mindestrauheit von wenigen mm erforderlich
sein. Rauheiten über 10 mm verschlechtern
die Ziehergebnisse. Diesen Effekt führt er darauf zurück, daß
bei rauhen Oberflächen der Schmierstoff der Kontaktzone nicht gleichmäßig
genug zugeführt werden kann. Schmierstoffviskosität und Rauheit
des Werkzeugs wirken sich stärker auf das Ziehergebnis aus als die
Rauheit des Bleches.
Littlewood und Wallace [132] kommen durch Streifenziehversuche mit
Umlenkung ebenfalls zu dem Ergebnis, daß rauhe Oberflächen die
Reibung erhöhen. Zu glatte Bleche verstärken die Gefahr von Aufschweißungen.
Littlewood und Wallace ermitteln eine Rauheit von etwa 40 min
CLA als optimal (entspricht einem Mittenrauhwert von ca. Ra=1 mm).
Additive auf Chlor- und Schwefel-Basis verringern die Gefahr von Aufschweißungen,
wirken sich aber nicht nachweisbar auf die Reibung aus. Für hohe Geschwindigkeiten
nimmt die optimale Schmierstoffviskosität mit steigender Blechrauheit
zu, während bei niedrigen Geschwindigkeiten eine hohe Viskosität
generell zu niedrigerer Reibung führt. Über dem Ziehweg beobachten
Littlewood und Wallace bei rauhen Oberflächen und niedrigen Viskositäten
ein Ansteigen der Reibung und erklären diesen Effekt mit dem Herausquetschen
des Schmierstoffs aus der Wirkfuge.
Messungen von Kasik und Reissner [107] zeigen, daß das unter
dem Niederhalter aufdickende Blech deutlich einglättet und zu erhöhten
Reibungszahlen führt. Eine Absenkung der Reibungszahlen ist mit hochviskosen
polaren Schmierstoffen sowie mit gesteigerten Ziehgeschwindigkeiten möglich.
Die Verbesserung der Druckfestigkeit des Schmierstoffs durch Additive hat
kaum einen Einfluß auf die Reibungszahlen, wenn nicht gleichzeitig
die Viskosität erhöht wird.
Mössle untersucht die Oberflächenwandlung von Aluminiumblechen
mit Zugversuchen, Biegeversuchen, Streifenziehversuchen und Näpfen
[151]. Die Aufrauhung infolge freier Dehnung wurde als entscheidende Einflußgröße
auf die Ausbildung der Oberfläche festgestellt. Die Aufrauhung des
Bleches während der Umformung kann dazu führen, daß der
Schmierstoff nicht mehr ausreicht, das Volumen zwischen Blech und Werkzeug
auszufüllen, so daß sich die tribologischen Bedingungen verschlechtern.
Die Aufrauhung wird von der Korngröße und von der größten
Hauptformänderung des Bleches bestimmt.
Mössle weist darauf hin, daß das Niveau der Reibungszahlen
und das Auftreten von Kaltaufschweißungen nicht korrelieren. Während
die Viskosität das Risiko von Kaltaufschweißungen nicht nachweisbar
beeinflußte, wurden mit zunehmender Viskosität deutlich geringere
Reibungszahlen gemessen.
Zur Beschreibung der Blechoberfläche nutzt Mössle vorwiegend
die Kenngrößen Rz (gemittelte Rauhtiefe) und Rpm
(mittlere Glättungstiefe). Bezüglich einer für die Umformung
geeigneten Oberfläche für Aluminiumblech empfiehlt er isotrope
Topografien mit einer Mindestrauheit von Rz zwischen 5 und 10 mm
sowie einen hohen Profilleeregrad, was den Ergebnissen an Stahl von Fischer
und Wiegand entspricht.
Ebenfalls mit der Oberflächenkenngröße Rpm
zeigt Emmens Zusammenhänge zum tribologischen Verhalten unterschiedlich
texturierter Stahlbleche auf. In seinen Modellversuchen variiert er die
tribologischen Bedingungen in weiten Grenzen und stellt die Ergebnisse
in Form von Stribeck-Diagrammen dar. In dieser Darstellungsform wird deutlich,
daß unterschiedliche Verzinkungsverfahren sich auf das Niveau der
Reibungszahl im Grenzreibungsgebiet auswirken [49]. Mit zunehmender Glättungstiefe
Rpm der Bleche wird der Übergang von der Grenz- zur Mischreibung in
Richtung hydrodynamischer Schmierung verschoben. Werden die Werte der Abszisse
des Stribeck-Diagramms durch das Quadrat der Oberflächenkenngröße
Rpm dividiert, dann verlaufen die Kurven von Topografien vergleichbaren
Typs, aber unterschiedlicher Rauheit weitgehend deckungsgleich. Emmens
schließt daraus, daß die Reibungseigenschaften von Stahlblech-Oberflächen
eines Typs allein mit der Oberflächenkenngröße Rpm
beschrieben werden können [133].
In neueren Untersuchungen weist Emmens auf die im Vergleich zu Stahlblechen
deutlich stärkere Einebnung der Topografie von Aluminiumblechen hin
[134]. Er zeigt, daß die Oberflächenkenngrößen zur
Beurteilung des tribologischen Verhaltens nicht am unbelasteten sondern
am eingeglätteten Blech gemessen werden müssen, um ähnlich
gute Zusammenhänge zum tribologischen Verhalten aufzuzeigen wie bei
den Stahlblechen. Aus dem Vergleich der Ergebnisse von mill-finish- und
EDT-Oberflächen schließt er, daß bei starker Einglättung
der untersuchten EDT-Topografie ein tribologischer Mechanismus wirkt, der
nicht allein durch die Oberflächenkenngröße Rpm beschrieben
werden kann. Emmens erklärt diesen Effekt mit dem hydrostatischem
Traganteil der durch die Einglättung entstehenden abgeschlossenen
Schmierstofftaschen der EDT-Struktur.
Neben diesem hydrostatischen Mechanismus wird von Balbach [90] ein
weiterer tribologischer Mechanismus der abgeschlossenen Schmiertaschen
beschrieben. Danach wirken die abgeschlossenen Schmiertaschen zusätzlich
durch das Herausfließen des Schmierstoffs aus den Taschen in die
Kontaktzone. Beobachtungen an transparenten Werkzeugen und Messungen der
Werkstückoberfläche der in Ziehrichtung hinter einer Schmiertasche
liegenden Kontaktzone zeigen aufgerauhte Oberflächen [117, 118, 135].
Sie lassen auf einen mikro-plasto-hydrodynamischen Schmierfilm schließen.
In Zonen, die nicht direkt hinter einer geschlossenen Schmiertasche liegen,
kann sich unter ansonsten gleichen tribologischen Bedingungen kein entsprechender
Mikro-Schmierfilm ausbilden [88].
Wanheim [136] beschreibt einen Mechanismus, bei dem die Topografie
während des Ziehvorgangs kontinuierlich einglättet. Der Schmierstoff
wird so lange aus der Topografie herausgedrückt, bis das Einglättungsvermögen
der Topografie erschöpft ist und es zu Aufschweißungen kommt.
Balbach [90] untersucht Aluminiumbleche mit verschiedenen Topografien
und formuliert Anforderungen an eine aus tribologischer Sicht optimale
Oberflächenstruktur. Neben hohen Spitzenzahlen soll eine niedrige
Rauheit und ein ausreichendes Einglättungsvermögen vorhanden
sein. Er weist darauf hin, daß geeignete Oberflächenkenngrößen
fehlen.
Um die von Balbach qualitativ beschriebenen Eigenschaften der Oberflächen
quantitativ beurteilen zu können, entwickelt Wagner [94] 3D-Oberflächenkenngrößen.
Seine Ergebnisse mit Streifenziehversuchen und einem segmentierten Tiefziehwerkzeug
zeigen, daß die 3D-Vermessung eine genauere und funktionsorientierte
Beschreibung der Blechoberfläche ermöglicht, wenn verschiedene
3D-Kenngrößen im Zusammenhang gesehen werden.
Wagner beurteilt die folgenden Eigenschaften als günstig: