Nach dem Kaltwalzen werden die Bleche geglüht, um für das
Tiefziehen die volle Umformbarkeit wiederherzustellen. Damit die einzelnen
Lagen der Coils beim Glühen nicht verkleben, kann das letzte Walzenpaar
der Kaltwalzstraße aufgerauht werden. Während des Walzvorgangs
wird die Rauheit der Walzen auf das Blech aufgeprägt. Nach dem Glühen
weist das Blech eine ausgeprägte Streckgrenze auf, was bei der Umformung
zu Fließfiguren führen kann. Durch das Nachwalzen des Bleches
im Dressiergerüst können diese Effekte vermieden werden. Gleichzeitig
wird das Nachwalzen dazu genutzt, die endgültige Oberflächenrauheit
herzustellen. Die Struktur der Dressierwalzen ist der durch das Kaltwalzen
aufgebrachten Struktur überlagert.
Zum Aufrauhen der Walzen stehen zur Zeit 5 Verfahren zur Verfügung.
Das Schleifen wird noch für Aluminium verwendet, es soll aber zunehmend
durch andere Verfahren ersetzt werden.
Beim Shot Blast Texturing (SBT) wird ein kantiges Strahlmittel
von einem Schleuderrad auf die Walze beschleunigt. Beim Auftreffen auf
die Walze deformieren die Strahlkörner die Walzenoberfläche plastisch
und schlagen Partikel heraus. Die Rauheit der Walze kann durch die Geschwindigkeit
des Schleuderrads, das Strahlmittel, Walzenhärte, Strahlmitteldurchsatz
und Bearbeitungsdauer variiert werden.
Beim Electrical Discharge Texturing (EDT) werden Elektroden
radial an die rotierende Walzenoberfläche herangefahren und in axialer
Richtung oszilliert. Durch den Erodierimpuls formieren sich die Partikel
im Dielektrikum zwischen Walze und Elektrode zu einer Dipolbrücke,
und es fließt Strom. Ein kleiner Bereich der Walzenoberfläche
wird aufgeschmolzen, und im Dielektrikum bildet sich eine Gasblase. Bei
Ausschalten des Erodierimpulses implodiert die Gasblase und der geschmolzene
Walzenwerkstoff wird herausgeschleudert. Die Rauheit kann unabhängig
von der Walzenhärte über Parameter wie Spannung, Steuerzeiten
und Abstand der Elektroden variiert werden. Im Vergleich zu SBT lassen
sich mit EDT höhere Spitzenzahlen und geringere Rauheiten mit höherer
Reproduzierbarkeit herstellen.
Beim Laser Texturing (LT) wird ein Laserstrahl auf die
Walze fokussiert und schmilzt einen kleinen Bereich der Oberfläche
auf. Ein Chopperrad unterbricht den Strahl und die Schmelze wird durch
den Druck des Plasmas und ein Inertgas ausgeblasen. Dabei sammelt sich
die Schmelze entweder zu einem Wulst um den Kraterrand oder wird an einer
Seite des Kraters angehäuft und erstarrt dort. Die Walze rotiert und
wird langsam in axialer Richtung vorgeschoben. Zur Einstellung der Rauheit
werden Laserleistung, Vorschub, Walzen- und Chopperdrehzahl sowie das Inertgas
genutzt.
Das Electron Beam Texturing (EBT) verwendet zum Aufschmelzen
des Walzenwerkstoffs einen Elektronenstrahl. Ein Teil des aufgeschmolzenen
Volumens verdampft, so daß der Dampfdruck die Schmelze zu einem Ring
um den Krater anhäuft. Die Walze wird in einer Vakuumkammer rotiert
und axial verschoben. Es ist möglich, die Drehung der Walze und die
Schußfrequenz so zu synchronisieren, daß die Krater in allen
Richtungen regelmäßig angeordnet sind. Wie auch beim Laser Texturing
lassen sich die Krater so weit überlappend anordnen, daß die
regelmäßige Struktur nicht mehr zu erkennen ist. Diese Oberflächen
werden pseudostochastisch genannt.
Die neueste und noch am wenigsten bekannte Textur ist Pretex.
Sie wurde in Zusammenarbeit der Preussag Stahl AG, der Winterthurer Metallveredelung
AG und des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung
entwickelt. Zur Herstellung der mit Pretex bezeichneten Blechtopografie
wird die Walze mit dem Topochrom-Verfahren elektrolytisch hartverchromt.
Dazu wird die Walze in einem Reaktor mit einem Chromelektrolyten umgeben.
Die Steuerung der Spannung zwischen dem Anodenkäfig und der als Kathode
geschalteten Walze führt dazu, daß auf der Walze kugelabschnittförmige
Strukturelemente abgeschieden werden.
Die Angabe der Herstellungsmethode einer Blechoberfläche reicht
für eine funktionsgerechte Beschreibung nicht aus. Um die Oberfläche
eindeutig zu beschreiben, müssen zu jedem Herstellungsverfahren andere
Prozeßparameter angegeben werden. Ein direkter Vergleich der Dressierverfahren
ist nur schwer möglich. In Tabelle 1 wird dennoch versucht, die wichtigsten
Merkmale der Verfahren gegenüberzustellen.
Der Vergleich der Lackierbarkeit wurde in diese Tabelle nicht mit aufgenommen,
da noch keine gesicherten Ergebnisse über den Einfluß der Dressierverfahren
vorliegen. Es ist davon auszugehen, daß für das Lackierergebnis
vor allem längerwellige Anteile der Topografie relevant sind, die
weniger vom Dressierverfahren als von der Vorbehandlung der Walzen und
vom Walzprozeß abhängen.
Ebenso wurde ein Vergleich der Standzeiten nicht vorgenommen. Bei SBT
ist die Härte der Walzen begrenzt, weshalb sie im allgemeinen schneller
verschleißen. Mit den übrigen Verfahren lassen sich härtere
und damit verschleißfestere Walzen bearbeiten. Dieser Vorteil ist
aber nicht voll nutzbar, wenn Topografien mit höheren Spitzenzahlen
hergestellt werden, da die feineren Spitzen schneller verschleißen.
Spröde Ränder von mit Laser Texturing hergestellten Kratern verschleißen
bereits während des Dressierens der ersten Coils. Nach dieser Einlaufphase
kann die Oberflächenqualität über einen längeren Zeitraum
konstant bleiben. Zur Erhöhung der Standzeiten ist es möglich,
die Walzen nach dem Dressieren zu verchromen. Die Topochrom-Schicht zur
Herstellung von Pretex ist bereits eine Chrom-Schicht. Gegenüber nicht
verchromten SBT-Walzen wird trotz höherer Spitzenzahlen bei Pretex
von über 10-fach höheren Standzeiten berichtet [11].